Monatsarchiv: Februar 2012

Silvester bis Mitte Januar

Neujahr bis Mitte Januar

Nach den Feiertagen machen wir uns für den Jahreswechsel mal wieder raus aus dem Dorf, was nach 7 Wochen Landleben schon ein echtes Highlight ist. Problemlos holen wir diesmal Davids Personalausweis ab, der jetzt auch endlich mal fertig ist. In La Paz treffen wir uns mit anderen Freiwilligen vom BDKJ Würzburg. Eva, Lewin und Kristina sind dabei, Daniel ist noch in Rurrenabaque im Nationalpark Madidi und kommt am Silvesterabend nach.

Am Stadtrand von La Paz besuchen wir das sog. „Valle de la luna“ (Mondtal), eine Landschaft die durch ihre zerklüfteten weißen Gesteine angeblich dem Mond ähnelt.

Valle de la luna

Valle de la luna

Endlich mal ein Gruppenbild auf dem wir alle recht gut aussehen!

Endlich mal ein Gruppenbild auf dem wir alle recht gut aussehen!

Den Jahreswechsel verbringen wir auf der Aussichtsplattform „Killi Killi“, von wo aus wir einen herrlichen Blick über das funkelnde La Paz und die vielen Feuerwerke haben. Danach wird noch gut weitergefeiert, doch trotz der lieben Gesellschaft fehlen mir meine Freunde von zu Hause doch ziemlich.

 

 

Mitternacht auf Killi Killi

Da muss sich der Große ganz schön weit runterbücken

Da muss sich der Große ganz schön weit runterbücken

Doch zum betrübtsein bleib keine Zeit, da wir weiter in die Yungas fahren. „Yungas“ heißt der Dschungel rund um La Paz und wir nisten uns im schönen Dörfchen „Coroico“ ein.

Coroico liegt auf einer Höhe von 2700m und ist mitten im Dschungel, der meist aus Nebelwald besteht.

Am ersten Tag besuchen wir in einem 5 stündigen Ausflug den Rió Negro. Wir steigen hinab durch dichten Wald und durchqueren schließlich den Fluss bis wir 100m flussaufwärts einen Wasserfall erreichen. Nach einem kurzem Bad machen wir uns auf die Heimwanderung.

Unser guía durchquert als erster den Rió Negro und spannt eine Schnur an der wir uns später halten können

Unser guía durchquert als erster den Rió Negro und spannt eine Schnur an der wir uns später halten können

 

Ein weiteres wunderschönes Erlebnis bietet uns der nächste Tag. Wir machen über Coroico und der umliegenden Landschaft einen Paraglideflug. Damit geht wirklich ein Kindheitstraum von mir in Erfüllung und Julia hat ein super Geburtstagsgeschenk! Nur leider klappt das mit der Zeitplanung nicht so ganz gut und wir warten insgesamt über 8 Stunden bis wir alle dran sind. Da ich als Vorletzte fliege ist die Thermik leider nicht mehr so gut und ich kann nur ab- anstatt auch aufsteigen. Trotzdem war es ein wunderschönes und eindrucksvolles Erlebnis und das Warten auf jeden Fall wert!

Höhenflug

Höhenflug

Ein bischen erkennt man noch Victor, meinen Begleiter

Ein bischen erkennt man noch Victor, meinen Begleiter

Durch diese Zeitverzögerung kommen wir leider einen Tag zu spät in Independencia an. In den nächsten Tagen haben wir hauptsächlich Presente und ich beschäftige mich jetzt nochmal mit allen neuen Büchern, denn der richtige Stempfel ist endlich aufgetaucht!

Wie mit Don Encarno (unserem Bäcker) ausgemacht, machen wir an einem Freitag nach dem normalen Brotbacken einmal richtige Pizza in unserem Lehmofen und die gelingt wirklich unglaublich gut!

 

Während der zweiten Januarwoche sind 11 junge Mädchen bei uns im Internat, die ab Februar das Colegio und das Internat besuchen wollen um wie die Jüngeren zuvor schon eine „Probewoche“ zu absolvieren. In diesen Tagen sollen wir zum ersten mal unsere Englischlehrfähigkeiten unter Beweis stellen. Wir machen vier mal jeweils 1,5 Stunden „Unterricht“, wobei es sich viel mehr um ein Reinschnuppern handelt. Davon ausgehend, dass die Mädchen teilweise schon seit 2-3 Jahren Englischunterricht in der Schule haben, ist der Wissensstand wirklich erschreckend. In den zwei Tagen nehmen wir mit ihnen die einfachsten Dinge durch wie Begrüßung, Wetter, Körperteile, Farben, Zahlen,  das Alphabet und Personalpronomen. Wirklich viel bleibt wahrscheinlich nicht hängen, aber es ist nur eine kurze Probe gewesen und hat ja noch nichts mit dem Schulalltag zu tun. Definitiv hat es total Spaß gemacht und war auch eine ganz interessante Erfahrung zu erleben, wie die Jugendlichen denken/lernen und was ihnen schwer fällt. Für unseren kommen Englischunterricht ab Februar war es wirklich hilfreich und inspirierend.

 

Am 14. Januar können wir noch eine andere Angelegenheit beobachten. Die Vergabe der Studienkredite fürs das folgende Schuljahr steht an. Jedes Jahr gibt das Centro Social an ca 20 außergewöhnlich gute Schüler, die aus sehr armen Familien stammen, finanzielle Unterstützung solange sie noch in der Ausbildung/Studium sind. Hierbei handelt sich um Beträge von bis zu maximal  50$, die beim Beginn des Berufslebens zurück zu zahlen sind. Dieses Geld kommt ausschließlich vom Missionskreis Ayopaya und das hiesige Komitee ist lediglich für die Auswahl der Kandidaten verantwortlich. Die Besprechung dauert ungefähr fünf Stunden, doch letztendlich sind alle zufrieden.

Die Bewerber

Die Bewerber

Als Geschenk erhält jeder noch den neues Ayopaya-Kalender fürs Jahr 2012

Als Geschenk erhält jeder noch den neues Ayopaya-Kalender fürs Jahr 2012

Ebenfalls der darauf folgende Tag hält eine Überraschung für uns bereit. Nach dem Abendessen werden nachträglich wie bei uns am 06. Januar alle Räume des Centros gesegnet. Dies geschieht so spät, da Don Andrés der längste Mitarbeiter von seiner Reise zurückkehrt. Wir beginnen die Zeremonie in unserer kleinen Kapelle und beenden damit offiziell die Weihnachtszeit. Anschließend werden alle Räume gesegnet und der Zug zieht sich liedersingend und weihräuchernd von Haus zu Haus.

An unserer kleinen Krippe sind nun auch die heiligen drei Könige angelangt

David schreibt als Größter die „ + 20 + C + M + B + 12“ auf die Türen

Don Andrés mit Hermana Eugenia bei der Haussegnung

 

Kurz danach machen wir uns auf dem Weg um Alexandra Keller für unser Zwischenseminar vom Flughafen abzuholen und vorher noch meinen 20. Geburtstag gebührend zu feiern.

 

November 2011

[:de]

November 2011 –

Die Festlichkeiten von Todos Santos, ein abenteuerlicher

Wochenendausflug und die Pronunción

Der November beginnt mit den bereits angekündigten Feiertagen von „Todos Santos“, im Deutschen „Allerheiligen“.

Die Feierlichkeiten hier weisen jedoch einige Unterschiede auf und es ist deutlich zu erkennen, dass die von den Kolonialisten hergebrachten christlichen Feste eine Vermischung mit alten indigenen Bräuchen und Riten erfahren haben.

Daher eine kurze Zusammenfassung des hiesigen Glaubens:

Am 1. November kommen die Seelen der Verstorbenen („las almas“) aus dem Totenreich oder dem Weg dorthin in die Häuser der Angehörigen zurück. Um diese zu stärken werden die Lieblingsspeisen und Getränke derer serviert. Hierbei gilt man als „frisch verstorben“, wenn der Tod nicht länger als 3 Jahre zurück liegt und wird daher reichhaltiger und großzügiger versorgt, als schon länger Verstorbene. Bereits am folgenden Tag, dem eigentlichem Feiertag 02. November, verlassen die Seelen wieder ihre Angehörigen und kehren zurück. Dieser Fesstag endet in einer ausgelassenen Fiesta, da man sich freut, dass der Tote dem Himmel wieder ein Stück näher ist.

Am Abend des ersten und am Nachmittag des zweiten Novembers ziehen die Angehörigen auf den Friedhof und beten für den Verstorbenen an dem Gräbern. Hier spielen jetzt bestimmte traditionelle Gebäcke eine wichtige Rolle. Es gibt „t’anta wawas“, Puppen aus Brot zur symbolhaften Darstellung des Toten, sowie Leitern und Pferde/Llamas, die ihm den Aufstieg in den Himmel erleichtern sollen. In den Anden werden die Gräber, die eher „Gebetsaltären“ ähneln mit Sträußen bestehend aus weißen Lilien, Gladiolen und Hortentien geschmückt. Vom  03. bis zum 05. November schaukeln sich die Angehörigen von der Trauer frei und „begleiten ihren Verwandten noch ein Stück in den Himmel“. Die sogenannte „Culumpio“ findet danach noch jeden weiteren Sonntag im Monat November statt.

Soweit die Theorie, jetzt zu unserer Erfahrung:

Gegen Ende Oktober werden wir, wie bereits angekündigt, mit dem Backen der Plätzchen und Brote konfrontiert. Es erinnert wirklich an die große Backzeit im Advent. Mir persönlich gefällt der Anblick der Brotpuppen im Ofen nicht so, da sie wie kleine Kinder aussehen..

Die Llamas, Sternchen, Boote und sonstige Spielereien sind aber sehr nett anzusehen.

Viele fleißige Hände..

t’anta wawas

Die Himmelsleitern

Julia macht das Ganze sichtlich Spaß

Generell geht es in diesen Tagen im Centro hauptsächlich um den im Juni verstorbenen Padre Manfredo. Für ihn wird in einem Nebensaal ein Gebetstisch errichtet, den sehr viele Dorfbewohner besuchen um für ihn zu beten. Wir unterhalten uns mit vielen Leuten, die ihn teilweise sehr lange kannten, über ihn und sind wiedereinmal von ihm beeindruckt, auch ohne ihn gekannt zu haben.

Der Gebetstisch für Padre Manfredo Rauh

und ein echter Enzian wurden aufgebaut

Eine „Belohnungsschale“

Am Abend des ersten Novembers legen wir mit Schwester Verena Blumen und Kerzen auf diversen Gräbern nieder um die sich entweder niemand sonst kümmert oder/und besonderer Bezug besteht. Wir ziehen über den Friedhof, der aufgrund seiner Beschaffenheit aus Nischen- und Bodengräbern, den deutlichen Charakter einer kleinen „Totenstadt“ aufweist.

Die von uns besuchten Gräber. Die drei dort begrabenen Professoren starben bei einem Absturz der Flotta auf der Fahrt von CBBA nach Independencia

Die Angehörigen sitzen auf den Gräbern und bitten Vorbeikommende für die Person zu beten. Wir beten abwechselnd das Vaterunser auf Deutsch oder in Castellano. Als Dankeschön erhält man Trinken. Davon gießt man den ersten und den letzten Schluck auf das Grab „para la alma“. Das Getränk ist entweder Chicha oder traditionell „Leche de tigre“ (= Tigermilch) und besteht aus hochprozentigem Alkohol, Milch und Zucker. So sieht dann auch der restliche Abend aus: Von Grab zu Grab, beten und trinken. Spätestens als ich einen Mann auf ein Grab urinieren sehe, kommt mir das Ganze ein wenig respektlos vor. Allein der Gedanke „Bete und werde mit Alkohol belohnt“ erscheint mir fragwürdig. Es findet noch eine Messe auf dem Friedhof statt. Aus einem rostigen Blechkübel holen David und ich vorher in zwei Plastikeimern Wasser. Der Padre, der die Messe auf einem Grab stehend abhält, bespritzt abschließend jeden Anwesenden mit jenem „gesegnetem Wasser“ auf dem Kopf und schließlich jedes einzelne Grab des Friedhofs. Verwirrt von diesem etwas anderem Verhalten auf einem Friedhof gehen wir nach Hause.

 

Am 02.11. begeben wir uns gegen 14.00 Uhr wieder dorthin und da kann ich es wirklich nicht mehr fassen. Der Anblick des Friedhof erinnert mich an eine kleine Zeltstadt auf Rock im Park oder einem vergleichbaren Festival. Überall sind Planen aufgespannt, die Menschen sitzen trinkend auf dem Boden und feiern als gäb es kein Morgen mehr. Gleiches Spiel: Von Grab zu Grab, beten (für Menschen, die wir überhaupt nicht kennen, was aber vollkommen egal ist) und als Belohnung gibt es diesmal Alkohol und Plätzchen. Die tagelang vorbereiteten Gebäcke werden an die Betenden verteilt. Für die Kinder heißt das: Bete so schnell und so viel du kannst, damit du möglichst viel zu naschen abstaubst. Und so rennen sie mit ihrem vollgestopfen Plastiktüten über den Friedhof, natürlich zu den am prachtvollsten geschmückten Gräbern, weil dort wahrscheinlich sehr viel zu holen ist. Halloween gibts also doch hier..
Über diesen ganz anderen Umgang mit dem Tod, dem Friedhof uns dem ganzen Fest mache ich mir zwar viele Gedanken, finde jedoch kein eindeutiges Urteil. Einerseits begegnen sie der Problematik mit einer viel positiveren Haltung und Lebensfreude, andererseits kommt mir diese ausgelassene Feier auf einem Friedhof trotzallem unangemessen vor. Wahrscheinlich sind wir auch noch nicht lange genug hier, um so etwas zu verstehen..

Die oben beschriebene Himmelsschaukel erleben wir jedoch nicht mehr in Independencia, da wir uns auf die Reise machen.

 

Diesmal führt uns unser Weg nach Santa Cruz, um andere Freiwillige vom BDKJ Wuerzburg zu besuchen. Die Drei – Eva, Lewin und Daniel – arbeiten in einer Behindertenstätte in Cotoca, ca 17km vor Santa Cruz de la Sierra. Zufälligerweise hatten die für genau dieses Wochenende einen Trip nach Samaipata, ein kleines Dorf mit präinkaischer Zeremoniestätte „El Fuerte“ und dem angrenzendem Nationalpark Amboró, geplant. Also geht es erst wieder um 03.00 nachts mit der Flotta nach CBBA und dann nochmal 10 Stunden weiter nach Santa Cruz. Zum ersten Mal sehen wir hinter Cocha etwas anderes als Berge: Dschungel. Soweit man das natürlich vom Bus aus beurteilen kann.. Wir sehen Bananenwälder, grün überwucherte Berge, ewige Flussbetten, ganz viele bunte Vögel und spüren endlich mal wieder richtige Hitze!

Gegen 22.00 abends werden wir von den zwei Jungs am Terminal abgeholt und dann gehts mit zwei Taxen (die fahren da wie Buslinien) nach Cotoca, dann das letzte Stück mit dem Motorradtaxi in ihr zu Hause. Aus dem Weggehen wird an dem Abend aufgrund der Ausgehzeiten in der Stätte nichts mehr, aber wir haben einen sehr gemütlich schönen Abend und es tut richtig gut mal wieder bekannte Gesichter zu sehen und sich auszutauschen.

Am nächsten Morgen besichtigen wir zuerst die Arbeit vor Ort. Die Behindertenstätte ist in Pavillons unterteilt je nach Grad der Behinderungen. Diese ganz andere Arbeit zu sehen und ein wenig zu erleben ist sehr interessant und macht Spaß auf mehr Erfahrungen in diesem Sektor.Doch um Genaueres über das dortige Schaffen der drei zu lesen, bitte einfach die folgenden Blogs bewundern:

Beste Urlaubscrew! Von links nach rechts: Daniel, David, Lewin, Julia, Corinna und Eva

Noch schnell Mittagessen und auf gehts nach Santa Cruz ins Zentrum. Der erste Kaffee =)

Dann noch kurz ein paar Briefe nach Hause schicken und weiter gehts mit einem Taxi ins 120km entfernte Samaipata. Der  Name des Ortes bedeutet übrigens aus dem Quechua übersetzt „die Anhöhe, um zu verweilen“, daher haben sich einige reiche Cruceños (so werden die Bewohner Santa Cruzs genannt) niedergelassen und inzwischen ist es eine kleine Touristenhochburg. Wir nehmen das erstbeste Hostel und gehen dann Pizzaessen. Den Tag beenden wir mit einem witzigen Abend in der örtlichen Karaokebar, wobei uns am meisten die falsch geschriebenen englischen Songtitel unterhalten. Meine Favoriten sind die allseits bekannten Hits „Leading on a jetplane“ und „Kiffin‘ me softly“. Aber da wir, bis auf drei schweigende Gestalten an der Bar, die einzigen Gäste sind, lässt es sich doch recht ausgelassen und hemmungslos falsch ins Mikrofon trällern oder auch groelen..

Julia und Eva

 

Nach einem richtig leckeren Frühstück in einem französischen Café mit einem gutem Kaffee, , treffen wir auf unseren Guía für den Nationalpark Amboró. Leicht peinlich berührt stellen wir fest, dass es sich um eine von den drei schweigenden Gestalten an der Bar des Vorabends handelt…

Also machen wir uns mit Freddy, so heißt der gute Mann, in einem Taxi auf zum Eingang des Nationalparks. Der „Eingang des Parks“ besteht aus 2 Holzbrettern, die ein einfaches Gatter über einen kleinen Pfad bilden. Schon geht die Kletterei los. In unserer 7 stündigen Wanderung durchqueren wir hauptsächlich Nebelwald, klettern zu einem kleinen Wasserfall herauf bis wir schließlich auf einer Bergkuppe auf der Höhe von 2500m einen sensationellen Ausblick haben. Dieser NP ist besonders bekannt für seinen Reichtum an verschiedenen Farnen. Insgesamt sind es mehrere hundert, doch unsere Laienaugen erkennen nicht wirklich die Unterschiede. Viele Tiere sehen wir aufgrund eines nicht unerheblichen Lärmpegels der Gruppe beim Durchstreifen der Natur leider nicht..

Ab durch den Nebelwald

Eindeutige Entscheidungsschwierigkeiten

Unser lieber David

 

"Wasserfall" und viele viele Farne

„Wasserfall“ und viele viele Farne

Gegen 17.00 erreichen wir wieder den Ausgang des Parks und machen uns an dem Abstieg in das ca 2,5 Stunden entfernte Samaipata. Nach zehn Minuten treffen wir am Straßenrand auf einen parkenden  Laster, dessen Fahrer meint, uns in einer halben Stunde mit nach unten nehmen zu können. Also gehen wir noch ein kurzes Stück weiter bergab und warten an einem gemütlichen Ort unter schon leicht bewölktem Himmel auf den Laster. Innerhalb von einer Stunde ist der Himmel rabenschwarz zugezogen und wir warten immer noch auf unsere Mitfahrgelegenheit. Die ersten Blitze und Donner erhellen den Himmel und wir finden Unterschlupf in einer kleinen Hütte.

 

Ziemlich traurig

Ziemlich traurig

 

Mittlerweile wird es auch noch richtig kalt. Daniel rennt zurück zum Laster und kommt nach einer gefühlten Ewigkeit zurück mit schlechten Nachrichten. Die Laster wird noch repariert, sie haben jetzt neues Werkzeug mit dem es dann vielleicht in einer halben Stunde funktioniert. Wie beruhigend, dass unser erfahrener und vertrauenswürdiger Guía auch noch nie in so einer Situation war. Das Gewitter donnert los, doch wir beschließen nach einer weiteren halben Stunde nicht mehr länger zu warten, sondern den Fußmarsch nach Hause anzutreten. Um die Sache abzukürzen verzichten wir auf die Straße und Wege und rennen im Dunkeln und Regen den Berg hoch. Super Sache: Regen, Dunkel, kein Weg, Gewitter und man ist oben auf einem Berg, kurze Hose, Tshirt. Julia bleibt stehen. Schicht im Schacht mit Asthma und bergauf rennen. Inzwischen regnet es wie aus Eimern. Doch aus dem Nichts sehen wir plötzlich Lichter in der Schwärze auftauchen – endlich taucht dieser verdammte Laster auf! Unpraktischerweise fährt dieser aber auf der Straße, die wir verlassen haben. Wild bricht Freddy die Böschung hinunter und wir alle hinterher. Wie durch ein Wunder kommen wir alle unverletzt unten an und der Fahrer ist so freundlich und wartet. Die darauf folgende Heimfahrt auf der Ladefläche des offenen Fahrzeugs wird mehr als nass und schlammig. Da die Straße unglaublich schlecht (dafür extrem befahren?!) ist, kommen wir die meiste Zeit nur im schlitternd und rutschend Schritttempo voran. Nach einer kleinen Ewigkeit erreichen wir letztendlich doch unser Hostel. An dem Abend belohnen wir uns mit einem ausgiebigem Essen und feiern mit Freddy unsere erfolgreiche Rückkehr. Doch wer denkt, dass wars mit Abenteuern an dem Wochenende, muss enttäuscht werden.

Am nächsten Morgen ist Julia richtig krank. Hohes Fieber und diverse andere Ekeleien ihres Körpers machen es für uns unmöglich die insgesamt 12 Stunden Busfahrt nach Cochabamba und dann noch 7 weitere nach Independencia auf uns zu nehmen. Also erfolgt der erste Anruf bei der Schwester mit dem Ergebnis, dass wir erst reisen sollen, wenn das Fieber unten ist.

 

Diese Situation verschafft uns genügend Zeit, um noch „El Fuerte“ zu besichtigen. El Fuerte ist eine prähispanische Zeremoniestätte der Inka genau am Scheitelpunkt von Bergen, Amazonasgebiet und dem Chaco. Insgesamt umfasst es eine Fläche von über 40 Hektar mit verschiedenen Häuserruinen und den zentralen großen Felsen.

Wir erreichen El Fuerte indem wir abwechselnd trampen und wandern. Am Eingang nehmen wir uns einen Guía, der in der Lage ist mit einem Stock uns die gesamte Geschichte der Inka und Alles, was davor und danach war, mit einfachen Symbolen und Zahlen verständlich mit einem Stock in den Boden zu zeichnen.

El Fuerte - Heilige Zeremoniestaette

El Fuerte – Heilige Zeremoniestaette

Durch die sichtbaren Rillen floss das Blut der geopferten Tiere

Durch die sichtbaren Rillen floss das Blut der geopferten Tiere

 

 

 

 

 

 

 

 

Blick von oben auf Samaipata

Blick von oben auf Samaipata

 

 

Unser guía mit seinem Zauberstab

Unser guía mit seinem Zauberstab

 

 

 

Der Fels von unten

Der Fels von unten

 

 

 

 

 

 

 

Die Besten (:

Die Besten (:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Danach kehren wir zurück ins Hostel, um uns und die immer noch kranke, schlafende Julia in ein Taxi nach Santa Cruz zu verfrachten. So folgt die nächste Überraschung: „Taxi no hay.“ Ernsthaftes Problem vor allem für die anderen, die am Montag definitiv arbeiten müssen. Daniel unser Eifriger organisiert kurzerhand den Lieferwagen eines peruanischen Pärchens des Dorfes. Für 300 BS leihen sie uns ihr Auto. Wir wären nach Santa Cruz gefahren und Daniel hätte es am nächsten Nachmitag zurück gebracht. Überragender Plan meiner Ansicht nach, doch dann entschließen sich die beiden spontan dazu selbst nach Santa Cruz zu fahren. So nehmen wir alle gemütlich und gut versorgt hinten Platz (unsere Patienten kriegt sogar eine Matratze zum gemütlich moggeln!) und ab gehts. Auf der Fahrt freuen wir uns allmählich, dass wir doch nicht selbst fahren müssen. Die Straße ist im Dunkeln schwer zu fahren und der Bus bleibt ca 5 mal stehen und wir müssen ihn anschieben. Kurz vor Santa Cruz geht es gar nicht mehr weiter, doch mit einigen hilfsbereiten Taxifahrern wird die Batterie wieder aufgeladen und wir erreichen doch noch Los Pozos.
An dieser Stelle ein riesen Dank an wohl das lässigste Hippiepärchen aller Zeiten!

In einem, der wohl widerlichsten Hostels quartieren wir uns ein. David und ich begeben uns noch auf die Suche nach was Essbaren, doch wir sind zu spät. Die sonst mit Hühnchenverkäufern übersäte Straße ist menschenleer, nur Berge von Müll sind geblieben. Am nächsten Morgen geht es Julia immer noch nicht besser, also ziehen David und ich los um ein schöneres Zimmer in der Nähe des Terminals zu finden. Nach einem wilden Hin- und Her in diversen Micros finden wir endlich den richtigen Terminal (es gibt nämlich noch einen anderen..) und „Residencial Brian“ überzeugt uns. Nach dem Verfrachten von Gepäck und Julia in die neue Bleibe fahren wir nach Cotoca um die anderen in Arbeitsaktion zu bewundern. Diesmal helfen wir sogar selbst richtig mit beim Waschen und Füttern der Kinder. Eine wirklich bewegende Erfahrung und ich bin angenehm positiv von meiner eigenen Reaktion auf diese Arbeit überrascht. Danach fahren wieder nach Santa Cruz.

Wir machen uns einen schönen Abend mit Sushi und dann gehen wir ein meinen bolivianischen Namenstag feiern (schließlich braucht man ja einen Grund..). Das klappt auch ganz gut und so beschließen Eva und Lewin um 04.00 nachts noch zwei Stunden bei uns im Hostel zu schlafen bis die ersten Micros nach Cotoca wieder fahren. Es kostet etwas an Überzeugungskraft den sichtlich verschlafenen Portie davon zu überzeugen, dass es vollkommen in Ordnung ist, wenn wir zu viert in unserem Doppelzimmer schlafen, aber es klappt mit dem Versprechen, dass wir um 07.00 alle verschwunden sind. So fallend wir friedlich in unsere Betten..

 

08. November 2011, 06.30 Uhr: Kurz vor unserem Wecker hämmert es an die Tür. Wir sind vollständig verwirrt, unausgeschlafen und nicht gerade schnell in unseren Reaktionen und Gedanken. Auf einen wütenden Hotelbesitzer gefasst schaffen wir es doch irgendwann die Tür zu öffnen. Ein Mann mit Strumpfmaske hält sein Gewehr begrüßend in den offenen Türrahmen. Begleitet wird er von etwa 7 Uniformierten, die unser Zimmer umstellt haben. Fassungslosigkeit und absolute Verwirrung machen sich breit. Unser freundlicher Besuch stellt sich als Vertreter von „Interpol“ vor und bittet uns unsere Pässe vorzulegen.

Selbstbewusst geben wir ihm unsere Kopien, da unsere Originale noch bei der Botschaft in La Paz sind und man die generell eher nicht überall mit sich hinnimmt. Doch das gefällt dem Leiter der ganze Truppe (ein kleiner, stämmiger Bolivianer mit aggressivem Schnauzer) leider überhaupt nicht. Für ihn ist die Sache mit der Botschaft auch kein Argument. Ehe wir uns versehen werden wir ernsthaft abgeführt. Aus dem Bett unter bewaffneter Beaufsichtigung aus dem Zimmer und dem Hostel. Julia kommt aus ihrem Zimmer auch dazu. Auf gar keinen Fall begreifen wir, was da passiert. Immerhin dürfen wir noch eine Flasche Wasser kaufen (das ist für lange Zeit die letzte). Die Interpolkarawane, aus  vier Jeeps bestehend, schlängelt sich unter der schon brennenden Sonne durch die Straßen und hält immer wieder vor einigen Hotels, wie dem unserem.

Wir warten wirklich lange und immer wieder werden ähnlich verstörte und fragwürdige Gestalten abgeführt und zu uns auf die Ladefläche verfrachtet. Um die Szenerie noch abstruser zu machen tauchen neben unserem Fahrzeug immer wieder Paparazis auf, die uns sowohl fotografieren, als auch filmen. Inzwischen ist Daniel, der am vorigen Abend früher nach Hause ist und somit aus dem ganzen Schlamassel war, informiert und erhält auch schon die Bestätigung von einer bolivianischen Bekannten, dass unsere Verhaftung im Fernsehen zu sehen ist. Welch ein erfolgreicher Morgen!

Ab diesem Zeitpunkt wird die Geschichte leider nicht mehr so spannend. Wir werden zuerst in das Interpol Hauptgebäude gebracht, wo wir ca 3 Stunden sitzen und warten. Unsere Vorstellung, dass nach einem kurzen Telefonat mit der deutschen Botschaft (wir geben sogar die Telefonnummer unserer Sachbearbeiterin weiter) alles in Ordnung ist, löst sich nach und nach auf. Desillusioniert und inzwischen merkbar mitgenommen von den Nachwirkungen des Vorabends werden wir wieder aus dem Gebäude hinausgeführt und auf die Fahrzeuge verteilt. Wir freuen uns, dass es vorbei ist und wir wieder zurück ins Hotel kommen. Fehlanzeige. Es geht ans andere Ende der Stadt zur Migración, wo wir unter strenger Bewachung der Interpolleute in einen separaten Flur geführt werden und wieder wartend auf dem Boden Platz nehmen. Eva, Julia und ich sind die ersten die aufgerufen und nach unten in ein kleines Büro gebracht werden. Wir warten weiter und erzählen unsere Geschichte zum 10.000sten mal und kriegen abschließend von dem überraschend jungen Sachbearbeiter einen Zettel in die Hand gedrückt, der besagt, dass wir uns innerhalb von 14 Tagen in der Migración in Cochabamba ausweisen müssen. Herzlichen Danke dafür. Mittlerweile ist es 13.00, wir sind alle fertig und die Jungs warten immer noch. Um die Zeit sinnvoll zu nutzen fahren wir Mädels zurück in unser Hostel, um die Rucksäcke zu packen und an den Terminal zu bringen. Wir treffen uns wieder zum Mittagessen/Frühstück und finden einen Tisch mit unseren schlafenden Gefährten vor. Die „Reichenstraße“ von Santa Cruz überwältigt mich völlig. Man könnte wirklich denken, man sei in einer europäischen Großstadt gelandet und es ist ganz und gar nicht so urbolivianisch wie in CBBA. Fertig mit unserer Welt beschließen wir ins Kino zu gehen und noch etwas zu faulenzen, bis um 20.30 schließlich unser Nachtbus nach CBBA fährt. Nach dem Film führe ich wohl eins der bisher seltsamsten Telefonate: „Hallo Schwester Verena, hier ist die Corinna. Ich wollte Ihnen nur bescheid sagen, dass wir nochmal später kommen, weil wir heute früh von Interpol verhaftet wurden.“ Doch ihre Antwort, dass „man eben für genau solche Sachen in Bolivien sei“ bringt uns alle zum schmunzeln.

Vor dem Kinokomplex ist ein großes Schwimmbecken mit riesigen, aufblas- und begehbaren Wasserbällen aufgebaut, in dem wir uns noch einmal richtig austoben bevor ein wahnsinniges Wochenende dann doch einmal zu Ende geht. Auf der Nachtfahrt nach Cocha lass ich mir noch einmal durch den Kopf gehen, was innerhalb von vier Tagen alles passiert ist.. unfassbar!

Stets guter Laune auch nach so einem Tag!

Stets guter Laune auch nach so einem Tag!

Um 07.00 morgens erreichen wir die Stadt und langsam zehrt es an den Kräften, weil ich im Bus kaum geschlafen habe. Wie immer suchen wir Cadeca auf und rufen bei der Botschaft an. Die Frage, wo genau unsere Pässe seien, kann unsere angeblich kompetente Sachbearbeiterin nicht beantworten, „Vielleicht noch hier oder schon in Cochabamba, aber übermogen sind sie bestimmt weg. Ich geh mal suchen, obwohl ich nicht genau weiß wo..“. WAS?! Da fühlt man sich sicher, denn auf die Botschaft ist Verlass. Auf unsere Bitte hin uns eine Bestätigung, dass unser Visum in Bearbeitung ist, und beglaubigte Kopien unserer Pässe zu schicken, erhalten wir sogar per Fax etwas. Nämlich 20 schwarze Seiten Papier, deren Kopierqualität so schlecht ist, dass man unsere Gesichter nicht mal unterscheiden kann. Perfekt ausgerüstet mit diesen Unterlagen machen wir uns auf zur Migración. Wir treffen in einem schrecklich überfüllten Büro auf einen freundlichen Bearbeiter, der keinerlei Verständnis für unser Dokument von Interpol hat. Den Passkopien der Botschaft schenkt er nur ein müdes Lächeln. Nachdem er das Zertifikat der Botschaft kopiert hat, heftet er alles zusammen und legt ad acta. Nach 10 Minuten: „Listo. Eso es.“. Welch eine Aktion und Aufwand für absolut nichts.

Am Nachmittag erfahren wir aus der Zeitung „El Deber“, dass die Polizeiaktion in Santa Cruz sich hauptsächlich gegen illegale Einwanderer gerichtet hat und teilweise sogar erfolgreich war.

Hier der Zeitungsartikel, jedoch nicht mit Bild von unserem sondern vom Nachbarjeep!

Nach einigen Telefonaten mit der Botschaft kriegen wir schließlich raus, dass zumindest die Pässe von Julia und mir bald in der Stadt beim Honorarkonsulat abzuholen seien, doch Davids leider nicht, da die Passbilder auf mysteriöse Weise verschwunden sind.. Also noch ein Anruf bei der Schwester, dass wir auf unsere Dokumente warten.

Am nächsten Tag komme ich vor den anderen beim Honorarkonsulat an und gehe auf gut Glück einfach mal nach oben. Ich treffe auf eine korpulente Sachbearbeiterin mit einer witzigen Mischung aus Deutsch und Spanisch. Auf einer Liste in dem Papierchaos auf ihrem Schreibtisch findet sie tatsächlich unsere Namen. Sie fängt an wahllos verschiedene Briefumschläge zu öffnen und unsere Pässe zu suchen. Ich biete ihr meine Hilfe bei der Suche an, worauf sie einen ganzen Karton gefüllt mit deutschen Reisepässen vor mir auf den Tisch schüttet. Schließlich „müssen sie ja irgendwo sein..“. Meine Frage nach einem System oder einer Ordnung der Pässe (beispielsweise alphabetisch..?) wird mit einem entgeisterten Kopfschütteln beantwortet. Doch irgendwann finden wir tatsächlich die Pässe. Dass ich Julias einfach auch mitnehme ist überhaupt kein Problem..

Als wir am Freitag früh in der Flotta nach Independencia sitzen, können wir es selbst kaum glauben, dass wir wirklich alles so schnell in CBBA erledigt haben. In der Flotta treffen wir auf einen weiteren Deutschen, der das Centro besuchen will. Dominik, der ein Auslandssemester seines Theologiestudiums in Cochabamba absolviert, begleitet uns für das nächste Wochenende. Mit ihm, Elisa und Agnes (die mittlerweile auch mal wieder im Dorf sind) wandern wir ein wenig durch die nähere Umgebung und statten der Dorfkaraoke mal wieder einen mehr oder weniger erfolgreichen Besuch ab..

Der restliche November dreht sich vollständig um das Schuljahrsende. Am 02.12. beginnen die großen Sommerferien (ca bis Anfang Februar) und vorher stehen für die Kinder des Kindergartens und die fertigen Gymnasiasten eine „Pronunción“ an. Das ist so ähnlich wie in Deutschland die Abifeier, aber wirklich nur ähnlich..

In die Pronunción des Kindergartens sind wir fest integriert. Wir machen die Einladungen, Programmhefte, studieren mit den Kindern die Tänze und Gesänge ein und richten auch die Schule von José Miguel Lanza für den Abend her.

 

Die Mamis helfen fleissig mit

Die Mamis helfen fleissig mit

Die grosse "Buehne" der Pronunción

Die grosse „Buehne“ der Pronunción

 

 

 

 

Die lang erwartete Auffuehrung der "Bailazos"

Die lang erwartete Auffuehrung der „Bailazos“

 

Ein kleiner Clown

Ein kleiner Clown

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Klassische amerikanische Uniform und allgemeines Lachverbot auf Fotos

Klassische amerikanische Uniform und allgemeines Lachverbot auf Fotos

 

 

 

Die Veranstaltung wird von überraschend vielen besucht, es gibt ein paar wenige kurze Worte und sie klingt gegen 21.00 abends aus. Noch schnell aufgeräumt und das wars das mit dem Kindergarten für dieses Jahr. Etwas schade ist es schon..

 

Nur zwei Tage später wird das Ganze für den Abschluss des Colegios wiederholt. Im Grunde läuft es sehr ähnlich ab, wie in Deutschland. Es gibt mehrere (zu lange) Reden und dann werden die Schüler nach und nach aufgerufen und ihnen wird das Zeugnis auf der Bühne überreicht. Die besten erhalten besondere Auszeichnungen und Lob des Direktors oder von Schwester Verena.

Der Abend weist dann aber doch schon gravierende Unterschiede zu einer deutschen Abiturfeier auf. Die Hochschulabsolventen feiern nicht zusammen in einer Lokalität, sondern jeder feiert allein für sich bei und mit seiner Familie. Im ganzen Dorf wird in den Häusern und Höfen gegrillt und gefeiert. Sofort werden wir eingeladen und nehmen in einem Hof mit überraschend gigantischen Boxentürmen Platz, die eigentlich das komplette Dorf beschallen. Man verbringt den Abend indem man von Haus zu Haus zieht und jedem Abiturienten einzeln gratuliert. Die Hauptpersonen des Abends wirken nicht immer ganz glücklich. Vielleicht würden sie auch lieber mit ihren Freunden feiern, als still und brav neben Mama und Papa zu sitzen, um sich einen Abend lang die Hände schütteln zu lassen. Vielleicht verstehen auch nur wir nicht, dass das hier ein Familienfest ist, weil es bei uns eben nicht so ist..
David und mir fällt jedoch auf, dass es vom Fest her keinerlei Unterschied macht, ob man nun sein „Abitur“ oder den Kindergarten erfolgreich abgeschlossen hat und das finden wir schon etwas unfair..

Nach den Pronuncionen wird es richtig ruhig im Dorf. Die meisten Schüler fahren nach Hause – auch vor dem offiziellen Schulende, der „clausura“ – und manche verschwinden so plötzlich von der Bildfläche, dass sie nicht mal ihre Ergebnisse abwarten und somit ihre Chance auf die Nachprüfung versäumen. Die Nachprüfungen sind jedes Jahr möglich und man kann es in bis zu 3 Fächern noch einmal versuchen.

Dieser Abschluss des Schuljahrs ist so chaotisch, dass man es kaum glauben kann. Ein Lehrer fährt einfach weg, bevor er seine Noten abgegeben hat, der Nächste unterschreibt nichts und es fehlen plötzlich 20 Zeugnisse. Nebenbei müssen die Schüler im Zaum gehalten werden, dass sie nicht abreisen bevor sie nicht zu 100% das Jahr bestanden haben. Da ist wirklich bolivianische Organisation wie sie leibt und lebt zu bewundern gewesen..

Des Weiteren besuche ich noch alleine eine Clausura einer Landschule auf dem Campo. Mit der Direktorin der Nachmittagsschule und noch zwei weiteren Lehrkräften reise ich nach „Manzanani“, nur 45 Minuten von Independencia aus mit dem Jeep. In strömenden Regen erreichen wir das „Dorf“, das eher einer willkürlichen Ansammlung von vielleicht 10 Lehmhüttchen (nicht einmal mit Wellblech-, sondern noch mit Strohdach!) entspricht. Die Schule besteht aus einem Raum, in dem eine Lehrkraft gleichzeitig Kindergarten, 1. und 3. Klasse unterrichtet. Die 2. Klasse gibt es nicht, da es nur ein Mädchen dafür gäbe und die wartet dann eben noch ein Jahr auf die anderen.. Draußen im Regen wird selbstverständlich erstmal die Nationalhymne gesungen und dann noch einige gut eingeübte Lieder. Danach müssen die Kinder „vorarbeiten“. Sie kriegen Arbeitsblätter und müssen zeigen, was sie wie gut können. Allmählich versammeln sich die Eltern mit im Zimmer (somit ist das gesamte Dorf anwesend) und sehen zu. Darauf folgt ein „Vorlesen und -schreiben“ an der Tafel von jedem einzelnen Schüler. Auch dort gibt es eine Ausstellung und danach noch etwas zu essen. Nach über zwei Stunden warten in der Kälte auf unser Fahrzeug laufen wir dann doch im Regen nach Hause.

Bei gehisster Flagge gibts die Nationalhymne

Bei gehisster Flagge gibts die Nationalhymne

Die ganze Schule bestehend aus nur einem Raum

Die ganze Schule bestehend aus nur einem Raum

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Festessen vor der Handarbeitsausstellung

Festessen vor der Handarbeitsausstellung

So geht der November im kinderleeren Internat zu ruhig zu Ende. Vormittags bin ich damit beschäftigt neue Schulbücher einzubinden, die Bücher im Centro zu sortieren und soweit wie möglich zu reparieren. Nachmittags haben wir alle die ganze Zeit abwechselnd „presente“, den Telefon- und Aufpassdienst.

Ursprünglich war es geplant, dass ich ab Anfang Dezember den Gesundheitsposten in Queraya für 3 Wochen besuche und dort arbeite. Jedoch ist die dortige Krankenschwester bis auf weiteres in die Stadt gereist ohne das Datum ihrer Rückkehr zu nennen. Und so sitze ich hier und warte darauf bis es los geht. Doch genau „dafür sind wir eben in Bolivien“, wie Schwester Verena zu sagen pflegt..[:en]

November 2011 –

Die Festlichkeiten von Todos Santos, ein abenteuerlicher

Wochenendausflug und die Pronunción

Der November beginnt mit den bereits angekündigten Feiertagen von „Todos Santos“, im Deutschen „Allerheiligen“.

Die Feierlichkeiten hier weisen jedoch einige Unterschiede auf und es ist deutlich zu erkennen, dass die von den Kolonialisten hergebrachten christlichen Feste eine Vermischung mit alten indigenen Bräuchen und Riten erfahren haben.

Daher eine kurze Zusammenfassung des hiesigen Glaubens:

Am 1. November kommen die Seelen der Verstorbenen („las almas“) aus dem Totenreich oder dem Weg dorthin in die Häuser der Angehörigen zurück. Um diese zu stärken werden die Lieblingsspeisen und Getränke derer serviert. Hierbei gilt man als „frisch verstorben“, wenn der Tod nicht länger als 3 Jahre zurück liegt und wird daher reichhaltiger und großzügiger versorgt, als schon länger Verstorbene. Bereits am folgenden Tag, dem eigentlichem Feiertag 02. November, verlassen die Seelen wieder ihre Angehörigen und kehren zurück. Dieser Fesstag endet in einer ausgelassenen Fiesta, da man sich freut, dass der Tote dem Himmel wieder ein Stück näher ist.

Am Abend des ersten und am Nachmittag des zweiten Novembers ziehen die Angehörigen auf den Friedhof und beten für den Verstorbenen an dem Gräbern. Hier spielen jetzt bestimmte traditionelle Gebäcke eine wichtige Rolle. Es gibt „t’anta wawas“, Puppen aus Brot zur symbolhaften Darstellung des Toten, sowie Leitern und Pferde/Llamas, die ihm den Aufstieg in den Himmel erleichtern sollen. In den Anden werden die Gräber, die eher „Gebetsaltären“ ähneln mit Sträußen bestehend aus weißen Lilien, Gladiolen und Hortentien geschmückt. Vom  03. bis zum 05. November schaukeln sich die Angehörigen von der Trauer frei und „begleiten ihren Verwandten noch ein Stück in den Himmel“. Die sogenannte „Culumpio“ findet danach noch jeden weiteren Sonntag im Monat November statt.

Soweit die Theorie, jetzt zu unserer Erfahrung:

Gegen Ende Oktober werden wir, wie bereits angekündigt, mit dem Backen der Plätzchen und Brote konfrontiert. Es erinnert wirklich an die große Backzeit im Advent. Mir persönlich gefällt der Anblick der Brotpuppen im Ofen nicht so, da sie wie kleine Kinder aussehen..

Die Llamas, Sternchen, Boote und sonstige Spielereien sind aber sehr nett anzusehen.

Viele fleißige Hände..

t'anta wawas

Die Himmelsleitern

Julia macht das Ganze sichtlich Spaß

Generell geht es in diesen Tagen im Centro hauptsächlich um den im Juni verstorbenen Padre Manfredo. Für ihn wird in einem Nebensaal ein Gebetstisch errichtet, den sehr viele Dorfbewohner besuchen um für ihn zu beten. Wir unterhalten uns mit vielen Leuten, die ihn teilweise sehr lange kannten, über ihn und sind wiedereinmal von ihm beeindruckt, auch ohne ihn gekannt zu haben.

Der Gebetstisch für Padre Manfredo Rauh

und ein echter Enzian wurden aufgebaut

Eine "Belohnungsschale"

Am Abend des ersten Novembers legen wir mit Schwester Verena Blumen und Kerzen auf diversen Gräbern nieder um die sich entweder niemand sonst kümmert oder/und besonderer Bezug besteht. Wir ziehen über den Friedhof, der aufgrund seiner Beschaffenheit aus Nischen- und Bodengräbern, den deutlichen Charakter einer kleinen „Totenstadt“ aufweist.

Die von uns besuchten Gräber. Die drei dort begrabenen Professoren starben bei einem Absturz der Flotta auf der Fahrt von CBBA nach Independencia

Die Angehörigen sitzen auf den Gräbern und bitten Vorbeikommende für die Person zu beten. Wir beten abwechselnd das Vaterunser auf Deutsch oder in Castellano. Als Dankeschön erhält man Trinken. Davon gießt man den ersten und den letzten Schluck auf das Grab „para la alma“. Das Getränk ist entweder Chicha oder traditionell „Leche de tigre“ (= Tigermilch) und besteht aus hochprozentigem Alkohol, Milch und Zucker. So sieht dann auch der restliche Abend aus: Von Grab zu Grab, beten und trinken. Spätestens als ich einen Mann auf ein Grab urinieren sehe, kommt mir das Ganze ein wenig respektlos vor. Allein der Gedanke „Bete und werde mit Alkohol belohnt“ erscheint mir fragwürdig. Es findet noch eine Messe auf dem Friedhof statt. Aus einem rostigen Blechkübel holen David und ich vorher in zwei Plastikeimern Wasser. Der Padre, der die Messe auf einem Grab stehend abhält, bespritzt abschließend jeden Anwesenden mit jenem „gesegnetem Wasser“ auf dem Kopf und schließlich jedes einzelne Grab des Friedhofs. Verwirrt von diesem etwas anderem Verhalten auf einem Friedhof gehen wir nach Hause.

 

Am 02.11. begeben wir uns gegen 14.00 Uhr wieder dorthin und da kann ich es wirklich nicht mehr fassen. Der Anblick des Friedhof erinnert mich an eine kleine Zeltstadt auf Rock im Park oder einem vergleichbaren Festival. Überall sind Planen aufgespannt, die Menschen sitzen trinkend auf dem Boden und feiern als gäb es kein Morgen mehr. Gleiches Spiel: Von Grab zu Grab, beten (für Menschen, die wir überhaupt nicht kennen, was aber vollkommen egal ist) und als Belohnung gibt es diesmal Alkohol und Plätzchen. Die tagelang vorbereiteten Gebäcke werden an die Betenden verteilt. Für die Kinder heißt das: Bete so schnell und so viel du kannst, damit du möglichst viel zu naschen abstaubst. Und so rennen sie mit ihrem vollgestopfen Plastiktüten über den Friedhof, natürlich zu den am prachtvollsten geschmückten Gräbern, weil dort wahrscheinlich sehr viel zu holen ist. Halloween gibts also doch hier..
Über diesen ganz anderen Umgang mit dem Tod, dem Friedhof uns dem ganzen Fest mache ich mir zwar viele Gedanken, finde jedoch kein eindeutiges Urteil. Einerseits begegnen sie der Problematik mit einer viel positiveren Haltung und Lebensfreude, andererseits kommt mir diese ausgelassene Feier auf einem Friedhof trotzallem unangemessen vor. Wahrscheinlich sind wir auch noch nicht lange genug hier, um so etwas zu verstehen..

Die oben beschriebene Himmelsschaukel erleben wir jedoch nicht mehr in Independencia, da wir uns auf die Reise machen.

 

Diesmal führt uns unser Weg nach Santa Cruz, um andere Freiwillige vom BDKJ Wuerzburg zu besuchen. Die Drei – Eva, Lewin und Daniel – arbeiten in einer Behindertenstätte in Cotoca, ca 17km vor Santa Cruz de la Sierra. Zufälligerweise hatten die für genau dieses Wochenende einen Trip nach Samaipata, ein kleines Dorf mit präinkaischer Zeremoniestätte „El Fuerte“ und dem angrenzendem Nationalpark Amboró, geplant. Also geht es erst wieder um 03.00 nachts mit der Flotta nach CBBA und dann nochmal 10 Stunden weiter nach Santa Cruz. Zum ersten Mal sehen wir hinter Cocha etwas anderes als Berge: Dschungel. Soweit man das natürlich vom Bus aus beurteilen kann.. Wir sehen Bananenwälder, grün überwucherte Berge, ewige Flussbetten, ganz viele bunte Vögel und spüren endlich mal wieder richtige Hitze!

Gegen 22.00 abends werden wir von den zwei Jungs am Terminal abgeholt und dann gehts mit zwei Taxen (die fahren da wie Buslinien) nach Cotoca, dann das letzte Stück mit dem Motorradtaxi in ihr zu Hause. Aus dem Weggehen wird an dem Abend aufgrund der Ausgehzeiten in der Stätte nichts mehr, aber wir haben einen sehr gemütlich schönen Abend und es tut richtig gut mal wieder bekannte Gesichter zu sehen und sich auszutauschen.

Am nächsten Morgen besichtigen wir zuerst die Arbeit vor Ort. Die Behindertenstätte ist in Pavillons unterteilt je nach Grad der Behinderungen. Diese ganz andere Arbeit zu sehen und ein wenig zu erleben ist sehr interessant und macht Spaß auf mehr Erfahrungen in diesem Sektor.Doch um Genaueres über das dortige Schaffen der drei zu lesen, bitte einfach die folgenden Blogs bewundern:

Beste Urlaubscrew! Von links nach rechts: Daniel, David, Lewin, Julia, Corinna und Eva

Noch schnell Mittagessen und auf gehts nach Santa Cruz ins Zentrum. Der erste Kaffee =)

Dann noch kurz ein paar Briefe nach Hause schicken und weiter gehts mit einem Taxi ins 120km entfernte Samaipata. Der  Name des Ortes bedeutet übrigens aus dem Quechua übersetzt „die Anhöhe, um zu verweilen“, daher haben sich einige reiche Cruceños (so werden die Bewohner Santa Cruzs genannt) niedergelassen und inzwischen ist es eine kleine Touristenhochburg. Wir nehmen das erstbeste Hostel und gehen dann Pizzaessen. Den Tag beenden wir mit einem witzigen Abend in der örtlichen Karaokebar, wobei uns am meisten die falsch geschriebenen englischen Songtitel unterhalten. Meine Favoriten sind die allseits bekannten Hits „Leading on a jetplane“ und „Kiffin‘ me softly“. Aber da wir, bis auf drei schweigende Gestalten an der Bar, die einzigen Gäste sind, lässt es sich doch recht ausgelassen und hemmungslos falsch ins Mikrofon trällern oder auch groelen..

Julia und Eva

 

Nach einem richtig leckeren Frühstück in einem französischen Café mit einem gutem Kaffee, , treffen wir auf unseren Guía für den Nationalpark Amboró. Leicht peinlich berührt stellen wir fest, dass es sich um eine von den drei schweigenden Gestalten an der Bar des Vorabends handelt…

Also machen wir uns mit Freddy, so heißt der gute Mann, in einem Taxi auf zum Eingang des Nationalparks. Der „Eingang des Parks“ besteht aus 2 Holzbrettern, die ein einfaches Gatter über einen kleinen Pfad bilden. Schon geht die Kletterei los. In unserer 7 stündigen Wanderung durchqueren wir hauptsächlich Nebelwald, klettern zu einem kleinen Wasserfall herauf bis wir schließlich auf einer Bergkuppe auf der Höhe von 2500m einen sensationellen Ausblick haben. Dieser NP ist besonders bekannt für seinen Reichtum an verschiedenen Farnen. Insgesamt sind es mehrere hundert, doch unsere Laienaugen erkennen nicht wirklich die Unterschiede. Viele Tiere sehen wir aufgrund eines nicht unerheblichen Lärmpegels der Gruppe beim Durchstreifen der Natur leider nicht..

Ab durch den Nebelwald

Eindeutige Entscheidungsschwierigkeiten

Unser lieber David

 

"Wasserfall" und viele viele Farne

"Wasserfall" und viele viele Farne

Gegen 17.00 erreichen wir wieder den Ausgang des Parks und machen uns an dem Abstieg in das ca 2,5 Stunden entfernte Samaipata. Nach zehn Minuten treffen wir am Straßenrand auf einen parkenden  Laster, dessen Fahrer meint, uns in einer halben Stunde mit nach unten nehmen zu können. Also gehen wir noch ein kurzes Stück weiter bergab und warten an einem gemütlichen Ort unter schon leicht bewölktem Himmel auf den Laster. Innerhalb von einer Stunde ist der Himmel rabenschwarz zugezogen und wir warten immer noch auf unsere Mitfahrgelegenheit. Die ersten Blitze und Donner erhellen den Himmel und wir finden Unterschlupf in einer kleinen Hütte.

 

Ziemlich traurig

Ziemlich traurig

 

Mittlerweile wird es auch noch richtig kalt. Daniel rennt zurück zum Laster und kommt nach einer gefühlten Ewigkeit zurück mit schlechten Nachrichten. Die Laster wird noch repariert, sie haben jetzt neues Werkzeug mit dem es dann vielleicht in einer halben Stunde funktioniert. Wie beruhigend, dass unser erfahrener und vertrauenswürdiger Guía auch noch nie in so einer Situation war. Das Gewitter donnert los, doch wir beschließen nach einer weiteren halben Stunde nicht mehr länger zu warten, sondern den Fußmarsch nach Hause anzutreten. Um die Sache abzukürzen verzichten wir auf die Straße und Wege und rennen im Dunkeln und Regen den Berg hoch. Super Sache: Regen, Dunkel, kein Weg, Gewitter und man ist oben auf einem Berg, kurze Hose, Tshirt. Julia bleibt stehen. Schicht im Schacht mit Asthma und bergauf rennen. Inzwischen regnet es wie aus Eimern. Doch aus dem Nichts sehen wir plötzlich Lichter in der Schwärze auftauchen – endlich taucht dieser verdammte Laster auf! Unpraktischerweise fährt dieser aber auf der Straße, die wir verlassen haben. Wild bricht Freddy die Böschung hinunter und wir alle hinterher. Wie durch ein Wunder kommen wir alle unverletzt unten an und der Fahrer ist so freundlich und wartet. Die darauf folgende Heimfahrt auf der Ladefläche des offenen Fahrzeugs wird mehr als nass und schlammig. Da die Straße unglaublich schlecht (dafür extrem befahren?!) ist, kommen wir die meiste Zeit nur im schlitternd und rutschend Schritttempo voran. Nach einer kleinen Ewigkeit erreichen wir letztendlich doch unser Hostel. An dem Abend belohnen wir uns mit einem ausgiebigem Essen und feiern mit Freddy unsere erfolgreiche Rückkehr. Doch wer denkt, dass wars mit Abenteuern an dem Wochenende, muss enttäuscht werden.

Am nächsten Morgen ist Julia richtig krank. Hohes Fieber und diverse andere Ekeleien ihres Körpers machen es für uns unmöglich die insgesamt 12 Stunden Busfahrt nach Cochabamba und dann noch 7 weitere nach Independencia auf uns zu nehmen. Also erfolgt der erste Anruf bei der Schwester mit dem Ergebnis, dass wir erst reisen sollen, wenn das Fieber unten ist.

 

Diese Situation verschafft uns genügend Zeit, um noch „El Fuerte“ zu besichtigen. El Fuerte ist eine prähispanische Zeremoniestätte der Inka genau am Scheitelpunkt von Bergen, Amazonasgebiet und dem Chaco. Insgesamt umfasst es eine Fläche von über 40 Hektar mit verschiedenen Häuserruinen und den zentralen großen Felsen.

Wir erreichen El Fuerte indem wir abwechselnd trampen und wandern. Am Eingang nehmen wir uns einen Guía, der in der Lage ist mit einem Stock uns die gesamte Geschichte der Inka und Alles, was davor und danach war, mit einfachen Symbolen und Zahlen verständlich mit einem Stock in den Boden zu zeichnen.

El Fuerte - Heilige Zeremoniestaette

El Fuerte - Heilige Zeremoniestaette

Durch die sichtbaren Rillen floss das Blut der geopferten Tiere

Durch die sichtbaren Rillen floss das Blut der geopferten Tiere

 

 

 

 

 

 

 

 

Blick von oben auf Samaipata

Blick von oben auf Samaipata

 

 

Unser guía mit seinem Zauberstab

Unser guía mit seinem Zauberstab

 

 

 

Der Fels von unten

Der Fels von unten

 

 

 

 

 

 

 

Die Besten (:

Die Besten (:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Danach kehren wir zurück ins Hostel, um uns und die immer noch kranke, schlafende Julia in ein Taxi nach Santa Cruz zu verfrachten. So folgt die nächste Überraschung: „Taxi no hay.“ Ernsthaftes Problem vor allem für die anderen, die am Montag definitiv arbeiten müssen. Daniel unser Eifriger organisiert kurzerhand den Lieferwagen eines peruanischen Pärchens des Dorfes. Für 300 BS leihen sie uns ihr Auto. Wir wären nach Santa Cruz gefahren und Daniel hätte es am nächsten Nachmitag zurück gebracht. Überragender Plan meiner Ansicht nach, doch dann entschließen sich die beiden spontan dazu selbst nach Santa Cruz zu fahren. So nehmen wir alle gemütlich und gut versorgt hinten Platz (unsere Patienten kriegt sogar eine Matratze zum gemütlich moggeln!) und ab gehts. Auf der Fahrt freuen wir uns allmählich, dass wir doch nicht selbst fahren müssen. Die Straße ist im Dunkeln schwer zu fahren und der Bus bleibt ca 5 mal stehen und wir müssen ihn anschieben. Kurz vor Santa Cruz geht es gar nicht mehr weiter, doch mit einigen hilfsbereiten Taxifahrern wird die Batterie wieder aufgeladen und wir erreichen doch noch Los Pozos.
An dieser Stelle ein riesen Dank an wohl das lässigste Hippiepärchen aller Zeiten!

In einem, der wohl widerlichsten Hostels quartieren wir uns ein. David und ich begeben uns noch auf die Suche nach was Essbaren, doch wir sind zu spät. Die sonst mit Hühnchenverkäufern übersäte Straße ist menschenleer, nur Berge von Müll sind geblieben. Am nächsten Morgen geht es Julia immer noch nicht besser, also ziehen David und ich los um ein schöneres Zimmer in der Nähe des Terminals zu finden. Nach einem wilden Hin- und Her in diversen Micros finden wir endlich den richtigen Terminal (es gibt nämlich noch einen anderen..) und „Residencial Brian“ überzeugt uns. Nach dem Verfrachten von Gepäck und Julia in die neue Bleibe fahren wir nach Cotoca um die anderen in Arbeitsaktion zu bewundern. Diesmal helfen wir sogar selbst richtig mit beim Waschen und Füttern der Kinder. Eine wirklich bewegende Erfahrung und ich bin angenehm positiv von meiner eigenen Reaktion auf diese Arbeit überrascht. Danach fahren wieder nach Santa Cruz.

Wir machen uns einen schönen Abend mit Sushi und dann gehen wir ein meinen bolivianischen Namenstag feiern (schließlich braucht man ja einen Grund..). Das klappt auch ganz gut und so beschließen Eva und Lewin um 04.00 nachts noch zwei Stunden bei uns im Hostel zu schlafen bis die ersten Micros nach Cotoca wieder fahren. Es kostet etwas an Überzeugungskraft den sichtlich verschlafenen Portie davon zu überzeugen, dass es vollkommen in Ordnung ist, wenn wir zu viert in unserem Doppelzimmer schlafen, aber es klappt mit dem Versprechen, dass wir um 07.00 alle verschwunden sind. So fallend wir friedlich in unsere Betten..

 

08. November 2011, 06.30 Uhr: Kurz vor unserem Wecker hämmert es an die Tür. Wir sind vollständig verwirrt, unausgeschlafen und nicht gerade schnell in unseren Reaktionen und Gedanken. Auf einen wütenden Hotelbesitzer gefasst schaffen wir es doch irgendwann die Tür zu öffnen. Ein Mann mit Strumpfmaske hält sein Gewehr begrüßend in den offenen Türrahmen. Begleitet wird er von etwa 7 Uniformierten, die unser Zimmer umstellt haben. Fassungslosigkeit und absolute Verwirrung machen sich breit. Unser freundlicher Besuch stellt sich als Vertreter von „Interpol“ vor und bittet uns unsere Pässe vorzulegen.

Selbstbewusst geben wir ihm unsere Kopien, da unsere Originale noch bei der Botschaft in La Paz sind und man die generell eher nicht überall mit sich hinnimmt. Doch das gefällt dem Leiter der ganze Truppe (ein kleiner, stämmiger Bolivianer mit aggressivem Schnauzer) leider überhaupt nicht. Für ihn ist die Sache mit der Botschaft auch kein Argument. Ehe wir uns versehen werden wir ernsthaft abgeführt. Aus dem Bett unter bewaffneter Beaufsichtigung aus dem Zimmer und dem Hostel. Julia kommt aus ihrem Zimmer auch dazu. Auf gar keinen Fall begreifen wir, was da passiert. Immerhin dürfen wir noch eine Flasche Wasser kaufen (das ist für lange Zeit die letzte). Die Interpolkarawane, aus  vier Jeeps bestehend, schlängelt sich unter der schon brennenden Sonne durch die Straßen und hält immer wieder vor einigen Hotels, wie dem unserem.

Wir warten wirklich lange und immer wieder werden ähnlich verstörte und fragwürdige Gestalten abgeführt und zu uns auf die Ladefläche verfrachtet. Um die Szenerie noch abstruser zu machen tauchen neben unserem Fahrzeug immer wieder Paparazis auf, die uns sowohl fotografieren, als auch filmen. Inzwischen ist Daniel, der am vorigen Abend früher nach Hause ist und somit aus dem ganzen Schlamassel war, informiert und erhält auch schon die Bestätigung von einer bolivianischen Bekannten, dass unsere Verhaftung im Fernsehen zu sehen ist. Welch ein erfolgreicher Morgen!

Ab diesem Zeitpunkt wird die Geschichte leider nicht mehr so spannend. Wir werden zuerst in das Interpol Hauptgebäude gebracht, wo wir ca 3 Stunden sitzen und warten. Unsere Vorstellung, dass nach einem kurzen Telefonat mit der deutschen Botschaft (wir geben sogar die Telefonnummer unserer Sachbearbeiterin weiter) alles in Ordnung ist, löst sich nach und nach auf. Desillusioniert und inzwischen merkbar mitgenommen von den Nachwirkungen des Vorabends werden wir wieder aus dem Gebäude hinausgeführt und auf die Fahrzeuge verteilt. Wir freuen uns, dass es vorbei ist und wir wieder zurück ins Hotel kommen. Fehlanzeige. Es geht ans andere Ende der Stadt zur Migración, wo wir unter strenger Bewachung der Interpolleute in einen separaten Flur geführt werden und wieder wartend auf dem Boden Platz nehmen. Eva, Julia und ich sind die ersten die aufgerufen und nach unten in ein kleines Büro gebracht werden. Wir warten weiter und erzählen unsere Geschichte zum 10.000sten mal und kriegen abschließend von dem überraschend jungen Sachbearbeiter einen Zettel in die Hand gedrückt, der besagt, dass wir uns innerhalb von 14 Tagen in der Migración in Cochabamba ausweisen müssen. Herzlichen Danke dafür. Mittlerweile ist es 13.00, wir sind alle fertig und die Jungs warten immer noch. Um die Zeit sinnvoll zu nutzen fahren wir Mädels zurück in unser Hostel, um die Rucksäcke zu packen und an den Terminal zu bringen. Wir treffen uns wieder zum Mittagessen/Frühstück und finden einen Tisch mit unseren schlafenden Gefährten vor. Die „Reichenstraße“ von Santa Cruz überwältigt mich völlig. Man könnte wirklich denken, man sei in einer europäischen Großstadt gelandet und es ist ganz und gar nicht so urbolivianisch wie in CBBA. Fertig mit unserer Welt beschließen wir ins Kino zu gehen und noch etwas zu faulenzen, bis um 20.30 schließlich unser Nachtbus nach CBBA fährt. Nach dem Film führe ich wohl eins der bisher seltsamsten Telefonate: „Hallo Schwester Verena, hier ist die Corinna. Ich wollte Ihnen nur bescheid sagen, dass wir nochmal später kommen, weil wir heute früh von Interpol verhaftet wurden.“ Doch ihre Antwort, dass „man eben für genau solche Sachen in Bolivien sei“ bringt uns alle zum schmunzeln.

Vor dem Kinokomplex ist ein großes Schwimmbecken mit riesigen, aufblas- und begehbaren Wasserbällen aufgebaut, in dem wir uns noch einmal richtig austoben bevor ein wahnsinniges Wochenende dann doch einmal zu Ende geht. Auf der Nachtfahrt nach Cocha lass ich mir noch einmal durch den Kopf gehen, was innerhalb von vier Tagen alles passiert ist.. unfassbar!

Stets guter Laune auch nach so einem Tag!

Stets guter Laune auch nach so einem Tag!

Um 07.00 morgens erreichen wir die Stadt und langsam zehrt es an den Kräften, weil ich im Bus kaum geschlafen habe. Wie immer suchen wir Cadeca auf und rufen bei der Botschaft an. Die Frage, wo genau unsere Pässe seien, kann unsere angeblich kompetente Sachbearbeiterin nicht beantworten, „Vielleicht noch hier oder schon in Cochabamba, aber übermogen sind sie bestimmt weg. Ich geh mal suchen, obwohl ich nicht genau weiß wo..“. WAS?! Da fühlt man sich sicher, denn auf die Botschaft ist Verlass. Auf unsere Bitte hin uns eine Bestätigung, dass unser Visum in Bearbeitung ist, und beglaubigte Kopien unserer Pässe zu schicken, erhalten wir sogar per Fax etwas. Nämlich 20 schwarze Seiten Papier, deren Kopierqualität so schlecht ist, dass man unsere Gesichter nicht mal unterscheiden kann. Perfekt ausgerüstet mit diesen Unterlagen machen wir uns auf zur Migración. Wir treffen in einem schrecklich überfüllten Büro auf einen freundlichen Bearbeiter, der keinerlei Verständnis für unser Dokument von Interpol hat. Den Passkopien der Botschaft schenkt er nur ein müdes Lächeln. Nachdem er das Zertifikat der Botschaft kopiert hat, heftet er alles zusammen und legt ad acta. Nach 10 Minuten: „Listo. Eso es.“. Welch eine Aktion und Aufwand für absolut nichts.

Am Nachmittag erfahren wir aus der Zeitung „El Deber“, dass die Polizeiaktion in Santa Cruz sich hauptsächlich gegen illegale Einwanderer gerichtet hat und teilweise sogar erfolgreich war.

Hier der Zeitungsartikel, jedoch nicht mit Bild von unserem sondern vom Nachbarjeep!

Nach einigen Telefonaten mit der Botschaft kriegen wir schließlich raus, dass zumindest die Pässe von Julia und mir bald in der Stadt beim Honorarkonsulat abzuholen seien, doch Davids leider nicht, da die Passbilder auf mysteriöse Weise verschwunden sind.. Also noch ein Anruf bei der Schwester, dass wir auf unsere Dokumente warten.

Am nächsten Tag komme ich vor den anderen beim Honorarkonsulat an und gehe auf gut Glück einfach mal nach oben. Ich treffe auf eine korpulente Sachbearbeiterin mit einer witzigen Mischung aus Deutsch und Spanisch. Auf einer Liste in dem Papierchaos auf ihrem Schreibtisch findet sie tatsächlich unsere Namen. Sie fängt an wahllos verschiedene Briefumschläge zu öffnen und unsere Pässe zu suchen. Ich biete ihr meine Hilfe bei der Suche an, worauf sie einen ganzen Karton gefüllt mit deutschen Reisepässen vor mir auf den Tisch schüttet. Schließlich „müssen sie ja irgendwo sein..“. Meine Frage nach einem System oder einer Ordnung der Pässe (beispielsweise alphabetisch..?) wird mit einem entgeisterten Kopfschütteln beantwortet. Doch irgendwann finden wir tatsächlich die Pässe. Dass ich Julias einfach auch mitnehme ist überhaupt kein Problem..

Als wir am Freitag früh in der Flotta nach Independencia sitzen, können wir es selbst kaum glauben, dass wir wirklich alles so schnell in CBBA erledigt haben. In der Flotta treffen wir auf einen weiteren Deutschen, der das Centro besuchen will. Dominik, der ein Auslandssemester seines Theologiestudiums in Cochabamba absolviert, begleitet uns für das nächste Wochenende. Mit ihm, Elisa und Agnes (die mittlerweile auch mal wieder im Dorf sind) wandern wir ein wenig durch die nähere Umgebung und statten der Dorfkaraoke mal wieder einen mehr oder weniger erfolgreichen Besuch ab..

Der restliche November dreht sich vollständig um das Schuljahrsende. Am 02.12. beginnen die großen Sommerferien (ca bis Anfang Februar) und vorher stehen für die Kinder des Kindergartens und die fertigen Gymnasiasten eine „Pronunción“ an. Das ist so ähnlich wie in Deutschland die Abifeier, aber wirklich nur ähnlich..

In die Pronunción des Kindergartens sind wir fest integriert. Wir machen die Einladungen, Programmhefte, studieren mit den Kindern die Tänze und Gesänge ein und richten auch die Schule von José Miguel Lanza für den Abend her.

 

Die Mamis helfen fleissig mit

Die Mamis helfen fleissig mit

Die grosse "Buehne" der Pronunción

Die grosse "Buehne" der Pronunción

 

 

 

 

Die lang erwartete Auffuehrung der "Bailazos"

Die lang erwartete Auffuehrung der "Bailazos"

 

Ein kleiner Clown

Ein kleiner Clown

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Klassische amerikanische Uniform und allgemeines Lachverbot auf Fotos

Klassische amerikanische Uniform und allgemeines Lachverbot auf Fotos

 

 

 

Die Veranstaltung wird von überraschend vielen besucht, es gibt ein paar wenige kurze Worte und sie klingt gegen 21.00 abends aus. Noch schnell aufgeräumt und das wars das mit dem Kindergarten für dieses Jahr. Etwas schade ist es schon..

 

Nur zwei Tage später wird das Ganze für den Abschluss des Colegios wiederholt. Im Grunde läuft es sehr ähnlich ab, wie in Deutschland. Es gibt mehrere (zu lange) Reden und dann werden die Schüler nach und nach aufgerufen und ihnen wird das Zeugnis auf der Bühne überreicht. Die besten erhalten besondere Auszeichnungen und Lob des Direktors oder von Schwester Verena.

Der Abend weist dann aber doch schon gravierende Unterschiede zu einer deutschen Abiturfeier auf. Die Hochschulabsolventen feiern nicht zusammen in einer Lokalität, sondern jeder feiert allein für sich bei und mit seiner Familie. Im ganzen Dorf wird in den Häusern und Höfen gegrillt und gefeiert. Sofort werden wir eingeladen und nehmen in einem Hof mit überraschend gigantischen Boxentürmen Platz, die eigentlich das komplette Dorf beschallen. Man verbringt den Abend indem man von Haus zu Haus zieht und jedem Abiturienten einzeln gratuliert. Die Hauptpersonen des Abends wirken nicht immer ganz glücklich. Vielleicht würden sie auch lieber mit ihren Freunden feiern, als still und brav neben Mama und Papa zu sitzen, um sich einen Abend lang die Hände schütteln zu lassen. Vielleicht verstehen auch nur wir nicht, dass das hier ein Familienfest ist, weil es bei uns eben nicht so ist..
David und mir fällt jedoch auf, dass es vom Fest her keinerlei Unterschied macht, ob man nun sein „Abitur“ oder den Kindergarten erfolgreich abgeschlossen hat und das finden wir schon etwas unfair..

Nach den Pronuncionen wird es richtig ruhig im Dorf. Die meisten Schüler fahren nach Hause – auch vor dem offiziellen Schulende, der „clausura“ – und manche verschwinden so plötzlich von der Bildfläche, dass sie nicht mal ihre Ergebnisse abwarten und somit ihre Chance auf die Nachprüfung versäumen. Die Nachprüfungen sind jedes Jahr möglich und man kann es in bis zu 3 Fächern noch einmal versuchen.

Dieser Abschluss des Schuljahrs ist so chaotisch, dass man es kaum glauben kann. Ein Lehrer fährt einfach weg, bevor er seine Noten abgegeben hat, der Nächste unterschreibt nichts und es fehlen plötzlich 20 Zeugnisse. Nebenbei müssen die Schüler im Zaum gehalten werden, dass sie nicht abreisen bevor sie nicht zu 100% das Jahr bestanden haben. Da ist wirklich bolivianische Organisation wie sie leibt und lebt zu bewundern gewesen..

Des Weiteren besuche ich noch alleine eine Clausura einer Landschule auf dem Campo. Mit der Direktorin der Nachmittagsschule und noch zwei weiteren Lehrkräften reise ich nach „Manzanani“, nur 45 Minuten von Independencia aus mit dem Jeep. In strömenden Regen erreichen wir das „Dorf“, das eher einer willkürlichen Ansammlung von vielleicht 10 Lehmhüttchen (nicht einmal mit Wellblech-, sondern noch mit Strohdach!) entspricht. Die Schule besteht aus einem Raum, in dem eine Lehrkraft gleichzeitig Kindergarten, 1. und 3. Klasse unterrichtet. Die 2. Klasse gibt es nicht, da es nur ein Mädchen dafür gäbe und die wartet dann eben noch ein Jahr auf die anderen.. Draußen im Regen wird selbstverständlich erstmal die Nationalhymne gesungen und dann noch einige gut eingeübte Lieder. Danach müssen die Kinder „vorarbeiten“. Sie kriegen Arbeitsblätter und müssen zeigen, was sie wie gut können. Allmählich versammeln sich die Eltern mit im Zimmer (somit ist das gesamte Dorf anwesend) und sehen zu. Darauf folgt ein „Vorlesen und -schreiben“ an der Tafel von jedem einzelnen Schüler. Auch dort gibt es eine Ausstellung und danach noch etwas zu essen. Nach über zwei Stunden warten in der Kälte auf unser Fahrzeug laufen wir dann doch im Regen nach Hause.

Bei gehisster Flagge gibts die Nationalhymne

Bei gehisster Flagge gibts die Nationalhymne

Die ganze Schule bestehend aus nur einem Raum

Die ganze Schule bestehend aus nur einem Raum

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Festessen vor der Handarbeitsausstellung

Festessen vor der Handarbeitsausstellung

So geht der November im kinderleeren Internat zu ruhig zu Ende. Vormittags bin ich damit beschäftigt neue Schulbücher einzubinden, die Bücher im Centro zu sortieren und soweit wie möglich zu reparieren. Nachmittags haben wir alle die ganze Zeit abwechselnd „presente“, den Telefon- und Aufpassdienst.

Ursprünglich war es geplant, dass ich ab Anfang Dezember den Gesundheitsposten in Queraya für 3 Wochen besuche und dort arbeite. Jedoch ist die dortige Krankenschwester bis auf weiteres in die Stadt gereist ohne das Datum ihrer Rückkehr zu nennen. Und so sitze ich hier und warte darauf bis es los geht. Doch genau „dafür sind wir eben in Bolivien“, wie Schwester Verena zu sagen pflegt..[:]

Dezember 2011

Dezember 2011 –

Einsatz auf dem Sanitätsposten in Chuchuani und Weihnachten

 

Der Dezember beginnt so wie der November aufgehört hat. Mit Señorita Alicia kümmere ich mich um die Bücher im Centro. Neue und alte werden eingebunden, geklebt und teilweise sogar genäht. Eine etwas stupide Aufgabe, aber immerhin ein klarer Auftrag mit sichtbaren (und nachhaltigem?) Ergebnis. Als sich nach fast zwei Wochen Arbeit herausstellt, dass wir alle Bücher mit dem falschen Stempel gekennzeichnet haben, könnte ich durchdrehen. Señorita Alicia macht diese Arbeit seit mehr als zehn Jahren und kennt eigentlich den Stempel, aber „hat einfach lieber nicht nachgefragt“ – puh..

 

In der zweiten Dezemberwoche ist die „Probewoche“ für die Schüler, die ab Februar neu ins Internat möchten. Während ihres Aufenthalts müssen sie ein wenig lernen und lesen, sollen aber auch den Internatsalltag kennen lernen, um zu wissen, ob sie das möchten und können. Am Ende entscheidet dann Schwester Verena wer aufgenommen wird. Wir sehen, wie seltsam manche Dinge für die Kinder vom Campo hier sind. Die Wenigsten können von zu Hause aus mit Messer und Gabel essen und versuchen es zum ersten mal im Centro (mit 14 Jahren!). Auch wenn sie dann meistens doch zum Löffel greifen. Ebenfalls beim Sitzen an einem Tisch fühlen sich manche sichtlich unwohl. Alles in allem sind es lustige Tage mit den neuen und ich freue mich schon richtig drauf, wenn endlich wieder Leben und buntes Kindertreiben herrschen.

 

In diesen Tagen gibt es aufgrund eines schweren Gewitters für zwei Tage keinen Strom im Dorf, sowie weder Handynetz noch Internet. Das Centro hat für solche Fälle ein Notstromaggregat und daher sind wir glücklicherweise nachts das einzige Haus mit funktionierendem Licht.

Inzwischen glaubt wohl niemand mehr, dass ich im Dezember noch auf einem Gesundheitsposten arbeiten werde, doch die bolivianische Spontanität wird uns vom Gegenteil überzeugen. Am   Samstag, dem 10.12.2011 klingelt nachmittags, als ich mit Schwester Verena bei einer gemütlichen Tasse Tee zusammensitze, das Telefon. Es ist Doktor Remberto, der Leiter des Krankenhauses und  Verantwortliche für die Außenposten. Er hätte gerne ab Montag jemanden, der mit der Lernschwester Alina aus Queraya die Urlaubsvertretung für den Posten in Chuchuani übernimmt. Nach zwei Wochen warten und ausschließlich nichtsaussagenden Antworten soll es also übermorgen bitte losgehen.

Zu diesem Zeitpunkt ist es immer noch nicht wirklich sicher, da er mich erst mal sehen will bevor er mich in den Campo schickt, aber heute hat er keine Zeit mehr. Demnach besuche ich am Sonntag Nachmittag Dr. Remberto im Hospitál und nach 10 Minuten ist alles klar. Während dem Gespräch kommt es mir ein bischen so vor, als wolle er mich eigentlich davon abhalten nach Chuchuani zu gehen, da er so oft betont, wie kalt, einsam und hoch es sei. Letztendlich kann ich ihn aber von meiner Motivation überzeugen und so soll ich mich am nächsten Morgen um halb sechs in der Früh bei den Autos einfinden.

Na, gut soweit. Ich wasche in aller Eile meine Sachen, noch ein kurzer Anruf nach Hause und dann hole ich noch „schnell“ auf dem Feld Gemüse. An dieser Stelle muss ich mich selbst recht herzlich auslachen, da ich einfach gar keine Ahnung habe: „Was ist eigentlich was? Wieviel brauchen zwei Personen für fast zwei Wochen? Und wie verdammt nochmal bekomme ich das aus der Erde?“. Nach einer Stunde bin ich vom Scheitel bis zur Sohle beschmiert mit Erde, habe keinen einzigen Fingernagel mehr, dafür einen Sack voll Gemüse.

Am nächsten früh erscheine ich wie abgemacht um 05.25 im Hospitál und werde mit einem erstaunten „Was du bist schon da?“ begrüßt. Bolivianische Zeitrechnung eben.. Es herrscht bereits wilder Betrieb und ich werde Zeuge davon, wie ca. zehn bolivianische Lernschwestern, die kurz vor dem Abschluss stehen, transportable Tiefkühlboxen vorbereiten: Aus abgeschnittenen Plastikflaschen (dem bolivianischen Universalbehälter) werden scheinbar willkürlich verschiedene Ampullen und einzelne (teilweise unverpackte) Tabletten in die Thermoboxen geworfen sowie ein paar Spritzen. Das Papierdurcheinander ist nicht vorstellbar. Meine Hand würde ich dafür ins Feuer legen, dass die Dokumente die Anzahl und Art der Medikamente der jeweiligen Box festhalten, nicht korrekt sind – aber über sowas sollte man sich besser hier keinen Kopf machen..

Mit insgesamt 11 Personen machen wir uns in dem Krankenwagen auf den Weg nach Chuchuani und werden dabei ordentlich durchgewürfelt. In Queraya machen wir Halt und holen Alina ab. Nach insgesamt 2,5 Stunden Fahrt erreichen wir den Sanitätsposten in Chuchuani. Jedoch legen wir nur kurz unsere Sachen ab und steigen dann wieder in das Fahrzeug. Ich erwische den Tag einer großen Rundfahrt in die „Comunidades“, die dem Sanitätsposten zugehörig sind.

Die Krankenschwestern mit ihren Thermoboxen

Mehr Jeep als Krankenwagen - La Ambulancia

Eine Comunidad („Gemeinschaft“) bezeichnet eine Ansammlung von vielleicht maximal 20 Häusern, die sich aufgrund der jeweils zugehörigen Felder und Viehweiden kilometerlang auseinanderziehen. Diese „Dörfchen“ haben weder Straßen noch sonstige Strukturen. Zu dem Posten in Chuchuani gehören insgesamt acht solcher Comunidades, die wir an diesem Tag alle besuchen. Dies läuft dann so ab, dass in einer Comunidad immer zwei bis drei Leute aussteigen, um alle Häuser einzeln zu besuchen und das Fahrzeug schon einmal weiter fährt, um dann ein paar Stunden später an einer ausgemachten Stelle (meistens auf der anderen Seite eines kleinen Tals) alle wieder einzusammeln. Diese Prozedur zieht sich über fast 7 Stunden hin. Ich steige in „Lo mas Pocanchi“ aus und werde erstmals mit dem wirklich einfachen Leben auf dem Campo konfrontiert. Hier lerne ich ebenfalls zu verstehen, warum Independencia immer „Capitál“ (Hauptstadt) genannt wird. Denn verglichen mit dem, was ich hier zu Gesicht bekomme, ist es das wirklich. Die Menschen leben ausschließlich von dem, was gerade da und selbst herstellbar ist. Zu einem Haus gehören meistens noch ein bis zwei Nebenhäusern, in denen Mehl und Zucker lagern und nachts die Tiere untergebracht werden. Oftmals leben die Tiere aber auch direkt bei den Menschen. Dass die Hühner mit in den „Betten“ (meistens Stroh überzogen mit einer Plastikplane) der Leute schlafen verwirrt mich erstmal schon. Doch wirklich schockierend ist für mich, dass die Kinder barfuß und die jüngeren auch ohne Hose herum laufen, da nasse Hosen ewig nicht trocknen würden..

Das Gehoeft

 

 

 

Ein Teil der Familie in ihrem Hof

Während dieses ersten Tages lerne ich also mehr oder weniger alle Comunidades kennen. In einer Comunidad laufen wir zu den einzelnen Häusern und fragen hauptsächlich nach Kindern unter fünf Jahren um die Impfungen aufzufrischen. Der Präsident Evo Morales hat das sog. Programm „SUMI“ („Seguridad Universal Materno Infantil“) ins Leben gerufen, das für alle Kinder bis zum 5. Lebensjahr insges. zehn kostenlose Impfungen garantiert. Im Rahmen dieser Initiative impfen wir hauptsächlich gegen Polio, Gelbfieber und Hepatitis. Ebenfalls werden Hunde und Katzen, die direkt bei den Menschen leben, gegen Tollwut geimpft.

Für mich ist es sehr interessant so nahe an die Bevölkerung zu kommen und bei diesen Impfungen dabei zu sein. Viele Häuser sehe ich auch von innen und wir werden ausschließlich freundlich empfangen und meistens auch noch zu ein wenig Essen eingeladen (meistens natürlich Kartoffeln oder gekochter Mais).

Mir stellt sich nur leider ein massives Problem in den Weg: Die Kommunikation mit der Landbevölkerung ist für mich zum größten Teil unmöglich, da in vielen Häusern ausschließlich Quechua gesprochen wird. Dies distanziert mich sehr vom Geschehen, da mir alles was gesagt wurde später übersetzt werden muss.

Mittlerweile regnet es in Strömen und wir schlittern mit dem Wagen ganz schön über die „Wege“. Zu den einzelnen Häusern führen manchmal nur Lehmwege oder wir müssen den Acker überqueren und so fallen wir früher oder später alle einmal richtig in den Dreck. Nach dieser Tour erreichen wir wieder Chuchuani, doch die anderen fahren direkt zurück nach Independencia, da eine Krankenschwester sich bei einem Sturz verletzt hat.

So sind Alcira, Alina und ich dann erstmal allein. Da es den vorigen Freitag so stark geregnet hat, ist der wöchentliche Markt ausgefallen und somit auch alle Lieferungen für den Posten, u.a. die neue Gasflasche für den Herd. Also müssen wir uns mit einer Feuerstelle im Garten behelfen, was aufgrund des strömenden Regens und des feuchten Holzes nicht so ganz einfach ist.

An dieser Stelle komme ich zum Wetter. Da Chuchuani auf einer Höhe von knapp 3400m und nicht in einem geschützten Tal liegt ist es richtig kalt und windig. Noch hinzu kommt, dass es fast die ganze Zeit regnet und ununterbrochen benebelt ist. Ich sehe innerhalb dieser 12 Tage nur einmal die Sonne, die mir dafür aber einen ordentlichen Sonnenbrand verpasst.

Blick von Chuchuani aus : zwischen den Wolken

In den nächsten Tagen sind wir viel mit Papierkram beschäftigt. Der Jahresabschluss steht an und daher müssen Inventur, verschiedene Statistiken und Tabellen gemacht werden. Die Zusammen-arbeit mit den beiden Bolivianerinnen verläuft tadellos. Die Statistiken und alles was ausgerechnet werden muss überlassen sie freiwillig mir, da das eine Arbeit ist, die ihnen sichtlich schwer fällt. Zusätzlich sortiere ich noch den Medikamentenschrank und die Bücher neu. Ob das lange anhält, ist jedoch zu bezweifeln. Das ist ein kleiner Nachteil der Großaktion des ersten Tages. Denn da alle Comunidades erst besucht wurden, entfallen die Wanderungen in diese. Normalerweise ist die Schwester nämlich einen Tag im Posten und am nächsten in einer Zuständigkeitscomunidad. Somit haben wir nicht wirklich viel zu arbeiten in der verbleibenden Zeit.

Medikamentenchaos, das wir beseitigt haben

Der Instrumentenwagen- Links sind Desinfektionsmittel, Jodtinktur und verschiedene Salben in leeren Ketchup- und Senfflaschen aufbewahrt..

 

Da wir alle Lust auf Milch und Käse haben, beschließen wir nach Queraya (dem Milchdorf der Region) zu wandern. Laut Aussage von Alcira und Alina wird es auch nicht regnen an diesem Tag, also machen wir uns auf den Weg. Nach der ersten von voraussichtlich vier Stunden beginnt es zu regnen, aber wir laufen weiter. Aus dem Regen wird ziemlich bald ein kleiner Weltuntergang, der die Wege unpassierbar macht. Wir kommen doch irgendwann an der Brücke zu Queraya an und freuen uns dem Ziel so nahe zu sein. Doch uns kommt Pater Theofilus (aus Independencia) mit den Missioneras Quechuas entgegen und bietet uns an, uns nach Chuchuani zu bringen. Diese Gelegenheit können wir uns aufgrund der Wetterlage natürlich nicht entgehen lassen und so klettern wir auf den Jeep – ohne Käse und Milch. Wie wir später erfahren, hätte es weder Milch noch Käse in Queraya gegeben, aber Hauptsache wir waren insgesamt 5 Stunden unterwegs und richtig nass.  Da lernt man den Supermarkt zu Hause doch sehr zu schätzen..

Die tapferen Käsewanderer

Ansonsten kochen wir ganz lecker in dieser Zeit und mir macht es Spaß auch mal wieder selbst zu kochen, denn das fällt ja für uns im Centro weg. Doch nach dieser Zeit reicht es mir erstmal so richtig mit Kartoffeln, denn die werden jeden einzelnen Tag gekocht. So nahe hatte ich bis dahin auch noch nie mit Bolivianiern zu tun. Alina und ich teilen uns in der ersten Zeit sogar ein Bett. Hier werde ich Zeuge von einer komischen Eigenart, der ich den Namen „Trockenschlafen“ gebe. Da alles in Queraya nass und kalt ist, trocknen die Klamotten wirklich ewig nicht (meine Hose von der Käsewanderung hat über eine Woche gebraucht – im Haus!). Dem behelfen sich die beiden so, indem sie alle nassen Klamotten zum schlafen anziehen und sie so durch ihre nächtliche Körperwärme trocknen. Die Kombination von Wolldecken und nassen Klamotten ist ein wahrer Genuss für die Nase und so hebt sich unser Schlafzimmer nach nur zwei Nächten geruchlich erschreckend wenig von einem Schafsstall ab – Und die Flöhe machen den Spaß komplett!

 

 

Unsere Küche mit Alina und Alcira

Unser gemeinsames Bett

 

Trotz dieser Unangenehmlichkeiten habe ich eine super Zeit in Chuchuani und meine Eindrücke sind sehr intensiv und bewegend. Ich kann wirklich jedem, dem sich so eine Chance bietet, wärmstens empfehlen, solche Erfahrungen zu machen und einen ganz anderen Eindruck vom Leben mitzunehmen.

 

In der Hälfte meines Aufenthalts wird Alcira von der Ambulancia abgeholt und Dr. Eddy (ein weiterer Arzt aus dem Hospitál in Independencia) kommt in den Posten. Da freitags Markttag ist, kommen die Menschen aus den Comunidades nach Chuchuani und somit herrscht auch im Sanitätsposten Hochbetrieb. Die meisten Patienten sind schwangere Frauen oder Mütter mit jungen Kindern. Ein älterer Mann erhält gegen seine Bindehautentzündung ein Antibioticum. Die Kinder sind soweit alle gesund. Einige sind etwas klein und leicht für ihr Alter/Größe und kriegen dagegen Zinksaft. Aber allgemein gibt es keine spektakulären Fälle.

Nach dieser Sprechstunde des Doktors bleiben nun nur noch Alina und ich zurück.

Alina, Alcira und ich

 

In diesen letzten Tagen stellen wir alle Büroarbeit fertig und impfen in Chuchuani selbst noch. Allerdings nur ein Kind und der Rest sind die Tiere. Ich verbringe auch viel Zeit draußen und wandere in der näheren Umgebung umher. An einem klaren Tag kann ich sogar von oben aus in die Täler der Comunidades blicken. Nur der erhoffte Andenkondor ist mir leider immer noch nicht begegnet..

 

Unser Einsatz wird genauso stürmisch beendet wie begonnen. Ursprünglich hätten wir am 23.12. zurückkehren sollen, ein Freitag an dem es sicher Fahrzeuge ins Dorf gibt. Jedoch kriegt Alina am Mittwoch Abend gegen 20.00 Uhr die Nachricht, dass sie bitte morgen zurück sein soll, da sie ein Formular unterschreiben soll. Also packen wir in aller Eile zusammen, schenken das restliche Essen den Nachbarn und stellen uns auf die 8stündige Heimkehr ein.

Dieser letzte Abend ist der schönste. Wir verbringen viel Zeit mit einer Familie aus dem Dorf. Ins Gespräch kommen wir weil die Mama mich fragt, ob ich denn schon Trigo kenn, was sie gerade wäscht. Als ich das verneine lädt sie uns auf eine riesige Schale ein. Um sie herum tollen 5 ihrer 8 Kinder im Dreck und strahlen dabei so viel Freude aus. Die Frau ist eine der ganz wenigen, die Castellano spricht und es tut so gut nach Tagen der Sprachisolation endlich wieder jemand kennen lernen zu können. Abends kommen sie dann noch rüber zum Posten, weil der kleine David eine aufgeschlagene Stirn hat und dem Jüngsten noch eine Impfung fehlt. Ich weiß nicht, warum mich diese Familie so sehr berührt und beschäftigt hat, aber sie hat es auf jeden Fall. So viel Freude und Liebe habe ich inmitten des ganzen Drecks und der Armut kaum gesehen.

 

An der Dorfwasserstelle wäscht sie Trigo

Im Sanitätsposten mit den 5, die ich kennen lernen durfte

So wandern Alina und ich schwer bepackt in den Morgenstunden los. Unsere Rucksäcke lassen wir unterwegs bei einem Onkel von Alina, der sie 2 Tage später mit dem Auto nach Independencia bringt. In Queraya (diesmal sind wir angekommen und es gab sogar Milch und Käse!) können wir ein Auto anhalten, das uns mitnimmt. Also war der Heimweg doch nur eine Sache von 4 Stunden und ich komme am 22. Dezember pünktlich zum Mittagessen in Independencia an.
Die erste Dusche nach der Zeit war wirklich traumhaft, wenn auch kalt =)

Voller neuer Eindrücke gehts ins Weihnachtsfest. David und Julia haben fleißig Plätzchen gebacken und es gibt sogar einen Weihnachtsbaum!

Am 24. Dezember ist es sehr gemütlich. Es gibt ein leckeres, aber einfaches Mittagessen, danach haben wir nachmittags erstmal frei und telefonieren viel mit zu Hause und Freunden.

Abends haben wir in unserer kleinen Kapelle im Centro eine „Krippenfeier“ und singen Weihnachtslieder, sowohl auf Quechua als auch in Castellano. Anschließend gibt es die Beschehrung im Living mit Plätzchen und Punsch. Julia und ich gehen abends noch in die Christmette und müssen herzlich über das Krippenspiel lachen: Als das Jesuskind „geboren wird“ und die kleine Maria ihre Puppe in die Krippe legt, steht eine Frau einfach auf und legt ihr echtes Baby vorne nieder. Das friedlich schlafende Kind wird im Laufe des Spiels noch ein paar mal herumgetragen und später am Ende des Stückes wieder abgeholt. Jesuskind für eine Nacht – herrlich bolivianisch spontan.

Living mit Weihnachtsbaum und Geschenken

Die Weihnachtsplätzchen fehlen auch nicht

 

Kleine Andacht vor der Krippe

 

 

Zusammensitzen beim Weihnachtspunsch

 

Der darauf folgende Tag wird hier traditionsgemäß wichtiger gefeiert und es gab das üppigste Essen, das ich im Centro je zu Gesicht bekommen habe.
Insgesamt war das erste Weihnachten weg von zu Hause weniger schlimm als befürchtet, was wahrscheinlich an dem sehr ähnlichen Ablauf dieses Festes in unserer Einrichtung liegt.Die Feiertage (die hier keine sind) verbringen wir sehr entspannt und gemütlich, um Kraft für Silvester zu tanken…